Nach Art. 293 des Gesetzes vom 15.09.2000 Handelsgesellschaftengesetzbuch (poln. GBl. Dz.U.2013.1030 bereinigte Fassung; nachfolgend: ,,KSH‘‘ haftet das Vorstandsmitglied bzw. Mitglied der Geschäftsführung, des Aufsichtsrates, der Revisionskommission oder der Liquidator gegenüber der Gesellschaft für den Schaden, welcher durch Handlung bzw. Unterlassung zugefügt wurde, die gegen das Recht oder die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages verstoßen, es sei denn, er ist unschuldig. Die o.g. Vorschrift sieht auch vor, dass die Rechtsträger beim Erfüllen ihrer Pflichten die gewisse Sorgfalt, die sich aus dem beruflichen Charakter ihrer Tätigkeit ergibt, beachten.
Im Art. 293 KSH wurde also die Schadensersatzhaftung eines bestimmten Kreises von Rechtsträgern, darunter auch der Geschäftsführungsmitglieder, gegenüber der Gesellschaft festgelegt. Diese Personen haften auf Verschuldungsbasis, was bedeutet, dass gegebenenfalls die Gesellschaft verpflichtet ist, im Prozess nachzuweisen, dass in diesem konkreten Fall die Voraussetzungen für die Schadensersatzhaftung eingetreten sind, und der beklagte Funktionär der Gesellschaft muss, um sich von der Haftung zu befreien, nachweisen, dass er für den entstandenen Schaden keine Schuld trägt. Diese Haftung gilt in der Doktrin und Rechtsprechung als Haftung, die auf einem zwischen der Gesellschaft und dem Mitglied ihres Organs bestehenden Schuldverhältnis beruht, dessen Verletzung die Entstehung der Schadensersatzhaftung zur Folge hat[1].
Angenommen, dass die angesprochene Haftung den Charakter einer vertraglichen Haftung hat, können bei ihr einige Vorschriften des Gesetzes vom 23.04.1964 Zivilgesetzbuch (poln. GBl. Dz.U.1964.16.93 mit Änderungen; nachfolgend: KC) über das Regime der Haftung für die Nichterfüllung oder eine nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtung Anwendung finden[2]. Diese Haftung kann jedoch nach dem Prinzip der Vertragsfreiheit durch den Abschluss eines entsprechenden Vertrages erweitert oder beschränkt werden. Dabei ist der Begriff „des Vertrages” in diesem Fall weit begriffen zu verstehen, d.h. nicht nur als ein zweiseitiges oder mehrseitiges Rechtsgeschäft, sondern auch als sämtliche interne organisatorische Akten der Gesellschaft (z.B. Beschlüsse der Gesellschafter, Beschlüsse der Geschäftsführung). Die Vorschrift nach Art. 473 § 1 KC stellt nämlich dar, dass der Schuldner durch den Vertrag die Haftung für die Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung von Verpflichtungen wegen bezeichneter Umstände, für welche er kraft des Gesetzes keine Haftung trägt, übernehmen kann. Ungültig ist nur der Vorbehalt, dass der Schuldner für keinen Schaden haften wird, den er dem Gläubiger vorsätzlich zufügen kann. Dies bedeutet, dass der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft für die vorsätzlich zugefügten Schäden immer haften wird, und keine zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer abgeschlossenen vertraglichen Bestimmungen dürfen dieses Prinzip ändern.
Die Doktrin macht darauf aufmerksam, dass die Gestaltung des Vertragsinhaltes durch die Parteien und die Beschränkung der persönlichen Haftung des Schuldners vom Standpunkt der Regeln des gesellschaftlichen Lebens und des Bezugs auf Umstände des konkreten Falls betrachtet werden soll. Der Tatbestand hat in dieser Situation zu entscheiden darüber, ob die Beschränkung dieser Haftung die Sicherheit des Wirtschaftsverkehrs nicht verletzt und keine Bestimmungen enthält, ohne die die Parteien den Vertrag mit dem bestimmten Inhalt nicht abgeschlossen hätten. Es wird dabei darauf hingewiesen, dass diese Regeln unter Berücksichtigung der Eigenschaften (Natur) des Schuldverhältnisses funktionieren sollen[3]. Das bedeutet, dass wenn die o.g. Grenzen überschritten werden, können die vertraglichen, die Haftung des jeweiligen Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft beschränkenden oder ausschließenden Bestimmungen durch das über die potenzielle Streitigkeit entscheidende Gericht als unwirksam erklärt werden.
Die zulässige Lösung im Fall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist gemäß der in der Judikatur[4] vertretenen Ansicht die Festlegung der Verteilung von Kompetenzen zwischen den einzelnen Geschäftsführern im Bereich der Führung von Geschäften der Gesellschaft, z.B. nach dem Prinzip, dass eins der Mitglieder der Geschäftsführung sich mit den finanziellen Angelegenheiten, der nächste mit der Produktion und der dritter mit allen sonstigen Angelegenheiten befasst. Dabei hat diese Verteilung die Auswirkung ausschließlich in den internen Verhältnissen. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer durch den Bezug auf die o.g. Verteilung versuchen kann, die Haftung gegenüber der Gesellschaft (eventuell gegenüber ihren Gesellschaftern) zu vermeiden, gegenüber Dritten aber nicht.
In der Praxis findet die interne Verteilung von Kompetenzen im Bereich der Führung von Geschäften der Gesellschaft meistens in der Geschäftsordnung der Geschäftsführung statt, in welcher gewöhnlich die internen Kompetenzen der Geschäftsführer, z.B. des Vorsitzenden der Geschäftsführung, des Geschäftsführers für Produktion, für Marketing, für Personal etc. festgelegt werden. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft ist bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht erforderlich, dass die o.g. Verteilung von Kompetenzen den Gegenstand einer Regulierung im Gesellschaftsvertrag bilden soll oder dass dort wenigstens eine „Übertragung”, d.h. Ermächtigung zur Regulierung dieser Materie in der Geschäftsordnung, ausgewiesen sein soll[5].
[1] A. Kidyba, Aktualisierter Kommentar zu Art. 1-300 des Gesetzes vom 15. September 2000 Handelsgesellschaftengesetzbuch (poln. Komentarz aktualizowany do art. 1-300 ustawy z dnia 15 września 2000 r. Kodeks spółek handlowych), LEX/El., 2013.
[2] Urteil des poln. Obersten Gerichtes vom 24.09.2008, AZ II CSK 118/08, OSNC 2009/9/131.
[3] Z. Gawlik, [in:] A. Kidyba (Red.), Z. Gawlik, A. Janiak, G. Kozieł, A. Olejniczak, A. Pyrzyńska,
T. Sokołowski, Zivilgesetzbuch. Kommentar. 3. Band. Schuldverhältnisse – Allgemeiner Teil (poln. Kodeks cywilny. Komentarz. Tom III. Zobowiązania – część ogólna), LEX, 2010.
[4] Urteil des poln. Obersten Gerichtes vom 09.02.2006, AZ V CSK 128/05,TPP 2006/2/133.
[5] A. Szajkowski, M. Tarska, A. Szumański, Handelsgesellschaftengesetzbuch. 2. Band. Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Kommentar zu den Artikeln 151 bis 300 (poln. Kodeks spółek handlowych. Tom II Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością. Komentarz do artykułów 151 – 300), Hrsg. C.H. Beck, Warszawa 2014.
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